„Rasanter Fortschritt
beim Röntgen“
Radiologe Professor Dr. Joachim Böttcher
ist Chefarzt des Institutes für Diagnostische und Interventionelle
Radiologie am SRH Wald-Klinikum Gera und
darüber hinaus seit mehr als 17 Jahren am Universitätsklinikum
Jena in Lehre und Forschung engagiert
Medizin mit Durchblick: Warum
ist Röntgen oft erste Wahl?
Professor Joachim Böttcher: Weil
uns die Bildgebung in äußerst kurzer
Zeit einen schnellen Überblick in hoher
Qualität über die aktuelle Situation
des Patienten liefert. In der Notfallmedizin
kann Röntgen Frakturen und
andere Traumafolgen erkennen und so
Schwerverletzten das Leben retten.
Welche Vorteile hat
die Digitalsierung?
Digitales Röntgen ist heutzutage der
moderne Standard. Der Fortschritt
zum früheren Verfahren mit Filmfolien
ist in vieler Hinsicht bemerkenswert.
Die verwendete Strahlendosis konnte
um bis zu 50 Prozent gesenkt werden.
Die Bildqualität bezüglich Kontrast
und Helligkeit ist deutlich verbessert.
Digitales Röntgen ist ökologisch
vorteilhaft, da keine Chemikalien für
die Filmentwicklung erforderlich sind.
Mittels Computerprogrammen ist es
zudem möglich, die Bilder nachzubearbeiten,
um das, was wir sehen wollen,
noch exakter erkennbar zu machen. Bei
einer Aufnahme der Lunge lassen sich
die überlagernden Rippen „wegrechnen“
– für einen ungestörten Blick auf
das Atmungsorgan.
Sie können aus einer Aufnahme
unterschiedliche
Bilder erstellen?
Genau – ohne zusätzliche Strahlenexposition!
Die Nachbearbeitungsoption
ermöglicht neue Bildeindrücke – für
Befunde, die mit anderen Methoden
sehr viel aufwendiger zu erlangen sind.
Zum Beispiel die Diagnostik bestimmter
Lungenerkrankungen oder die
Lagekontrolle eines Katheters. Auch
Fehleinstellungen wie eine falsche
Belichtung können korrigiert werden,
ohne die Aufnahme zu wiederholen.
Welche Rolle spielen die MTRA
beim Röntgen der Patienten?
Eine sehr wichtige. Medizinisch-technische
Radiologie-Assistenten, kurz
MTRA, sind hochqualifizierte Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter mit
einer fundierten und anspruchsvollen
Ausbildung. Sie leiten und überwachen
die Untersuchung am Röntgengerät
und haben den direkten Kontakt zum
Patienten. Sie sind sogar befähigt,
schwere Krankheiten auf den Aufnahmen
zu erkennen. Einen schriftlichen
Befund zu erstellen, ist natürlich Aufgabe
des Radiologen. Aber aufgrund
ihrer anatomischen und technischen
Kenntnisse wissen die MTRA, welche
Geräteeinstellungen und Lagerung der
Patienten nötig sind für ein Röntgenbild,
das die medizinische Fragestellung
eindeutig und klar beantwortet.
Was sagen Sie Patienten, die die
Röntgenstrahlen kritisch sehen?
Viele sind richtigerweise besorgt wegen
der Strahlenbelastung. Doch die
digitale Technik hat die Strahlenexposition
deutlich reduziert. Die natürliche
Strahlung, die wir jährlich im
Mittel aufnehmen, liegt bei 2,1 Millisievert.
Dagegen ist die effektive Dosis
beim Röntgen eines Fußes mit 0,01 bis
0,1 Millisievert verschwindend gering.
Die
Technik
der
Methode
Das Grundprinzip des Verfahrens,
das erstmals schmerzlose Einblicke
in den Körper ermöglichte, ist noch
dasselbe wie vor über 120 Jahren:
Energiereiche elektromagnetische
Strahlen, die in einer Röntgenröhre
erzeugt werden, durchdringen
einen Körperteil. Dabei werden sie,
je nach Gewebedichte, unterschiedlich
abgeschwächt und erzeugen
so auf dem dahinterliegenden
Aufnahmesystem ein Schattenbild
des Körperinneren. Harte Knochen,
die kaum Strahlen durchlassen,
zeigen sich auf dem Röntgenbild als
helle Strukturen, weichere Muskeln
dagegen in dunklerem Grau und die
luftgefüllte Lunge in Schwarz.
Üblicherweise belichteten die abgeschwächten
Strahlen einen Röntgenfilm,
der erst entwickelt werden
musste – das war aufwendig und
zeitintensiv. Doch die Technik ist
natürlich längst weiter – heutzutage
heißt der Standard: digitales
Röntgen. Anstelle eines Films
wird ein elektronisches Detektorsystem
verwendet. Es registriert
wie bei einer digitalen Kamera
die Strahlenintensität – und in
wenigen Sekunden ist die Aufnahme
mittels Computertechnik auf
einem Bildschirm sichtbar. Die
Aufnahmen lassen sich speichern
und damit auch leichter an andere
Ärzte versenden sowie nachbearbeiten.
Und vor allem: Die Strahlendosis
je Röntgenuntersuchung
konnte deutlich reduziert werden
– siehe Interview mit Professor
Joachim Böttcher. •
1/2018 DURCHBLICK 13