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Im Zentrum steht immer der Mensch W Wie sind Sie zur Radiologie gekommen? Als Medizinstudentin habe ich die Radiologie anfangs gar nicht als eigenständiges Fach wahrgenommen, das geht vielen Patienten sicher auch so. In meinem Auslandsstudienjahr an der Mayo Clinic in den USA habe ich einen Teil meiner Zeit geforscht und einen Teil der Zeit verschiedene Abteilungen durchlaufen, darunter auch die Radiologie. Dabei habe ich gemerkt: Dieses Extrahieren von Informationen aus Bildern liegt mir sehr – und es macht mir großen Spaß. Was macht die Radiologie für Sie so interessant? Es hat etwas Detektivisches. Ich weiß, dem Patienten fehlt etwas, und ich versuche herauszufinden, was das ist, um dann die richtige Diagnose stellen zu können, denn ohne die kann es keine richtige Behandlung geben. Was mich noch fasziniert: Wir stellen nicht nur Diagnosen, wir behandeln dann auch bildgestützt. Ein Radiologe braucht ein sehr breites Fachwissen, einen sehr weiten Blick auf das Ganze. Und wir arbeiten interdisziplinär: Wir haben nicht nur Kontakte zu so gut wie allen anderen Bereichen der Medizin, sondern auch zu ganz anderen Fachgebieten, etwa zur Physik oder Informatik. Das finde ich sehr schön. Radiologie ist eben viel mehr als nur Bildermachen. Was gehört noch dazu? Als Radiologin muss man zuerst einmal sicherstellen, dass man das Bild richtig macht – also mit der richtigen Methode und vom richtigen Bereich des Körpers. Das ist ganz wichtig, sonst sehe ich später auf den Aufnahmen das Falsche oder auch gar nichts. Das Zweite ist: Ich muss das, was ich sehe, in den Krankheitskontext einordnen. Und am Schluss muss ich das alles in einen Interpretationszusammenhang stellen. Sie sind Trägerin des Marie-Curie-Rings. Diese Auszeichnung erhalten Radiologen, die durch exzellente wissenschaftliche Arbeiten einen herausragenden Ruf erworben haben. Was ist Ihr Forschungsgebiet? Der eine große Bereich, für den ich mich momentan sehr interessiere: Wie kann man aus Bilddaten möglichst viele Informationen ziehen? Dafür führen wir Bildinformationen wieder in Zahlen zurück und versuchen, daraus noch genauere Aussagen zu treffen. Etwa darüber, ob ein Tumor auf eine bestimmte Behandlung anspricht. Ein anderer großer Bereich, an dem ich arbeite, ist die Funktionsweise des Gehirns – und wie sich sowohl die Struktur als auch die Funktion an veränderte Bedingungen anpassen können. Ein Beispiel dafür ist das Lernen: Wenn ich lerne, verändert sich etwas in der Struktur und der Funktion meines Gehirns. Aber auch Erkrankungen können zu Veränderungen führen. Ich habe im Studium noch gelernt, dass das Gehirn sich nicht regenerieren kann, etwa nach einem Schlaganfall oder einem Schädel-Hirn-Trauma. Da haben wir deutlich Prof. Dr. Birgit Ertl-Wagner, Oberärztin am Institut für Klinische Radiologie am Klinikum Großhadern in München, Forscherin und diesjährige Trägerin des Marie-Curie-Rings, über die Faszination ihres Fachgebiets, das manchmal etwas Detektivisches hat 18 DURCHBLICK Nov. 2016 RADIOLOGIE


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